Frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln: Rund die Hälfte mit Zusatznutzen

Sprunginnovation, Schrittinnovation, Scheininnovation – neue Arzneimittel werden je nach Standpunkt in den Himmel gelobt, als überflüssig verteufelt oder in ihrem Stellenwert irgendwo dazwischen angesiedelt. Angesichts der oft hohen Kosten für neue Therapien ist es aber mehr als legitim, den Nutzen zu hinterfragen.

Der Gesetzgeber hat dazu das Verfahren der frühen Nutzenbewertung etabliert und den Gemeinsamen Bundesausschuss G-BA mit der Durchführung beauftragt. Seit 1. Januar 2011 hat das Gremium 89 Wirkstoffe oder Kombinationen gegenüber einer Vergleichstherapie bewertet und den Zusatznutzen angegeben (Stand 16. Oktober 2014).

Onkologie-Präparate hui, Antidiabetika pfui

In der Visualisierung unten ist die höchste in einem Verfahren vergebene Zusatznutzenkategorie dargestellt. Das heißt, dass die Vergleiche je nach betrachteten Endpunkten oder Patientensubgruppen auch schlechter ausgefallen sein können. Insgesamt attestiert der G-BA rund der Hälfte der neuen Therapien einen Zusatznutzen. Die höchsten Kategorie – einen erheblichen Zusatznutzen gegenüber der Vergleichstherapie – vermag das Gremium nirgends zu erkennen. Allerdings sieht es auch nirgendwo einen geringeren.

Die weitaus meisten Verfahren wurden im Bereich der onkologischen Erkrankungen durchgeführt, und dort erhielten die Medikamente auch die meisten Bewertungen im grünen Bereich. Das muss einen nicht überraschen, gab es doch bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen lange Zeit keine großen Fortschritte, sodass ein Zugewinn an Überlebenszeit von median drei oder vier Monaten schon ein deutlicher Sprung nach vorne sein kann. Im Gegensatz dazu schneiden vor allem Antidiabetika eher mau ab. Ein Zusatznutzen lässt sich dort nicht mehr so leicht dokumentieren, vor allem benötigt es für harte Endpunkte  Studien mit wesentlich längerer Dauer.

Dennoch: Die G-BA Bewertungen stoßen naturgemäß nicht immer auf die Zustimmung aller “Player”. Selbst Fachgesellschaften distanzieren sich bisweilen und würde daher gerne an der Nutzenbewertung beteiligt werden – ein Ansinnen, das der G-BA bislang konsequent ablehnt. Der Grund: Die Fachgesellschaften könnten aufgrund ihrer Struktur und Finanzierung nicht die nötige Unabhängigkeit besitzen.


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